Wie gut kann ich mich noch an die Situationen erinnern der letzten Jahre, als ich wiederholt meinen Standpunkt vertrat: nein, ich werde nicht als Hochzeitsrednerin* arbeiten! Das steht sogar in einem Interview in der SWP.
Mehrmals habe ich Anfragen relativ rüde abgelehnt mit der Begründung, ich kann das nicht, weil ich ja geschieden bin, nicht mehr an die große Liebe glaube und das mit der ewigen Treue und Glückseligkeit kann ich selber schlecht vermitteln.
Meiner Meinung nach sollte ein/e Redner/in schon hinter dem stehen, was er/sie sagt!
Eine liebe, beherzte Freundin, die mich schon Jahre kennt, hat mir dann mal ins Gewissen geredet. So nach dem Motto: es gibt so viele Paare, die nicht den ganzen rosaroten Kitsch und ewigliche Glückseligkeit, nicht eine Prinzessinnen-Hochzeit wollen. Es gibt Paare, die sind älter und besonnener bzw. reflektierter, nicht mehr blauäugig, heiraten evtl. schon das zweite oder das dritte Mal oder wollen eine bodenständige, humorvolle Rede!
Oder sogar Paare, die ein Ehe-Erneuerungsversprechen machen oder Silberhochzeit feiern!
Unter diesen Umständen habe ich mit mir selber einen Deal abgeschlossen. Dass ich einfach mal drei Brautpaare begleite und dann neu entscheide. “Sag niemals NIE” … da ist was dran. Eigentlich bin ich eh nicht erschrocken und probiere erstmal vieles aus, um dann zu entscheiden. Aber in Sachen Liebe bin ich schon vorsichtig geworden.
Um die ganze Liebesgeschichte abzukürzen: ich bin jetzt drin im Geschäft. Das hätte ich im Leben nicht geglaubt, dass es mir sooooo Spaß macht. Es ist wirklich unfassbar, wie ich langsam in die Glückseligkeit abtauche ;-)
Das Kennenlernen mit den Brautpaaren ist ja schon meist 1 Jahr vorher und ein paar Wochen vor der Hochzeit ist dann der Kontakt sehr intensiv. Ich darf das Brautpaar kennenlernen, ihre Geschichte hören, ihre Zweifel auch, ihre Bedenken, ihre Aufregung. Bis zum Tag der Hochzeit passieren dann auch noch viele Geschichten: der, der die Ringe bringt, ist krank, ein Gedicht wird noch eingeschoben, der Brautvater möchte auch noch was sagen, die Trauzeugin möchte einen eigenen Einlauf ;-) und so weiter.
Wenn dann DER Tag da ist, geht es bei mir nicht weniger aufregend zu!!! Der erste Gedanke nach dem Aufwachen gilt meinem Brautpaar.
Wie es denen jetzt geht, was die jetzt wohl machen. Oft sind wir sogar noch in Kontakt wegen genauer Terminabsprachen.
Natürlich gilt auch für mich: Festtagsrobe, ich ziehe sogar Strumpfhosen ohne Laufmaschen an, obwohl ich Strumpfhosen hasse, Haare irgendwie gebändigt, alles tippi-toppi, letzter Blick in den Spiegel, ob auch wirklich keine Speiserückstände zwischen den Zähnen hängen oder gar der Lippenstift sich verselbstständigt hat.
Dann geht’s los. Ich tauche in die Brautgesellschaft, erlebe die ganzen schön und festlich angezogenen Gäste, spüre die Spannung, die an dem Tag herrscht und darf ganz nah an dem Brautpaar sein. Ich bekomme eine Gänsehaut und auch mein Puls beschleunigt sich, wenn die Musik zum Einzug der Braut einsetzt, wenn die Braut am Arm ihres Bruders oder ihres Vaters einschwebt, wenn ich den aufgeregt wartenden Bräutigam sehe oder die strahlenden Augen der Braut. Oder auch wenn ich die Brautmutter beobachte, die während der Rede in der ersten Reihe sitzt, lacht, heult und am allerliebsten zwischen das Brautpaar sitzen würde!!!
Das kann ich so gut nachvollziehen, ich glaub, ich würde genau so sein.
Meine Rede ist immer individuell, mir ist wichtig, dass die ganze Gesellschaft involviert ist, dass die Gäste einmal Tränen der Rührung und einmal Lachtränen haben, aber nicht erzwungen, sondern wenn es halt passt. Und dann der Augenblick, wenn die beiden JA sagen.
Ist das jetzt peinlich, wenn ich mit meiner Romantik-Sperre und meiner Liebes-Allergie Tränen in den Augen habe?
Das hätte ich nie und nimmer erwartet. An dem Tag kann ich die Liebe spüren, die Energie geht durch und durch …. und: an dem Tag brauch ich auch nichts mehr annehmen an Aufträgen, ich bin total ausgelaugt danach. Aber glücklich!
Bis jetzt habe ich erstaunlicherweise (halt: es gibt ja keine Zufälle!) NUR Brautpaare erlebt, die zu mir passen oder andersrum.
Bisher war ich auch immer ganz nah an den Brautleute dran und war mit ganzem Herzen dabei. Wer hätte das gedacht….. ich glaub es immer noch nicht!!
Schön, dass ich auch immer wieder die Rückmeldung bekomme, dass ich authentisch rüberkomme, dass die Leute glauben, was ich sage, dass ich meinen Erfahrungsschatz gern teile, wenn es um Vorbereitungen, Ablauf, Einlagen geht. Irgendein Vorteil muss es ja haben, älter zu werden!
Wie z.B. meine erste Hochzeit heuer. Sie war genauso besonders wie alle anderen, aber ich habe eben mit aller Wucht gespürt, dass ich keine routinierte Rednerin bin, sondern in dem Fall auch eine beherzte Begleiterin.
Sina und Steffen: das reguläre Kennenlerngespräch von ca. 1 Stunde haben wir halt mal auf ein paar Stunden ausgeweitet. Ein Paar im Bibertal, einer Ecke, wo ich auch schon gewohnt habe. Meine einzige Hochzeit bisher, die im eigenen Garten war. Der Garten allein schon eine Oase zum Wohlfühlen, auch ohne Hochzeit! Sina, Steffen und ich waren uns auf Anhieb sympathisch (sag ich jetzt mal). Die beiden waren dann auch bei mir zu Gast auf einer Gruselführung.
Was mich total beeindruckt hat, waren die Vorbereitungen dazu. Alles mit Liebe, Sorgfalt und sehr persönlich ausgewählt, es hatte alles einen Bezug zu den Beiden. Ob es die Musik war, die Geschichte während der freien Trauung, die Jungs, die die Musik gemacht haben, die Gartendeko, die Blumen.
Sogar der Brautstrauß und die Hochzeitstorte sahen verwandt miteinander aus.
Wie sich das alles geändert hatte die letzten Jahrzehnte!! ich hab ja auch mal geheiratet ;-)
Was mich aber am allermeisten berührt hat, war die Energie, die ich spüren durfte und die Liebe. Ein Geschenk, gegen dass ich mich so gewehrt habe! Der Spirit, der in der Luft lag. Das hat sich angefühlt wie eine Glücksdusche!!! Die Kraft, die in den Blicken der Beiden lag. Die Woge der Freude, die von der Familie und den Freunden direkt auf das Brautpaar übergeschwappt ist. Magische Augenblicke!
Ich darf sogar mit Einverständnis des Brautpaares ein paar Bilder und deren Feedback veröffentlichen, dafür lieben Dank! Nicht nur über die wunderbaren Blumen, sondern auch über das Feedback hab ich mich wirklich riesig gefreut!
So wünsche ich Sina und Steffen und auch allen meinen lieben Brautpaaren, die den Weg zu mir gefunden haben, alles Glück der Erde, viel Liebe, viel Verständnis füreinander und wenn die Luft mal dünner wird (das wird sie!!!) gute Sauerstoffzufuhr!!
Feedback des Brautpaares:
Liebe Gaby,
alles schon vorbei, der Alltag schon fast wieder eingekehrt. Es bleiben die Erinnerungen an einen unvergesslichen Tag. Da wir während der Trauung wie im Rausch waren mussten wir uns gestern nochmal das Video von der Trauung anschauen. Mit Pipi in den Augen (bei mir eher eine Fontäne) saßen wir in unserer Schlabberhose auf dem Sofa. Wie gern würden wir die Zeit immer wieder zurück spulen und den Tag erneut erleben. Jede einzelne Sekunde war voll gepackt mit Emotionen und unvergesslichen Augenblicken. Du hast zu diesem wundervollen Tag entscheidend beigetragen. Ohne deine lockere und lustige Art, deine Lebensfreude und Begeisterung, deine Kreativität und dein Talent Menschen allein durch Worte in deinen Bann zu ziehen hätte ein entscheidender Teil des Tages gefehlt. Wir danken dir von Herzen, dass du so viel Einsatz und Hingabe in unsere Geschichte, in unsere Hochzeit und in uns als Personen gesteckt hast. Mit Geld, Blumen und Worten ist es schwer ausdruckbar wie glücklich und dankbar wir sind. Wir wünschen dir von ♡en alles Gute für die Zukunft und dass du noch auf vielen Hochzeiten deinen Zauber versprühst. DANKE!
*Anmerkung: wirklich viele Leute, mit denen ich rede, ist der Einsatz einer Hochzeits- oder Trau-Rednerin nicht bekannt. Darum hier eine kurze Erklärung:
Wenn Paare beispielsweise aus der Kirche ausgetreten sind oder einfach die Trauung nicht in der Kirche machen möchten, aus welchen Gründen auch immer, gibt es die Alternative zur freien Rede. Die standesamtliche Trauung ist das - wie der Name schon sagt - das amtliche und die Rede muss man sich vorstellen wie der Sektkorken, der aus der Flasche knallt, und dann beginnt die Party. Die Rede ist meist am Anfang der Feier und beinhaltet alle Elemente, die das Paar haben möchte. Ja-Wort, Ringe-Tausch, musikalische Begleitung und dann Inhalte nach Absprache.
Natürlich kann so eine Rede in jeden Jubeltag eingebaut werden! Alles klar soweit?
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